PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : erFahrung


Archimedes
18.09.2010, 22:04
neue Fassung

Es speisen zwei ältere Damen im Zug,
die Planung des Tages bereiten sie vor.
Sie haben vom Reisen noch lang nicht genug,
beteuern das ständig und meinen im Chor:

Paris, Rom und Nizza, danach auch Madrid
besuchen sie nun so wie früher schon mal.
Wir hören das gerne und führen auch mit,
die herrlichsten Orte, so reichlich an Zahl.

Die Männer, schon vorher dem Wagen entstiegen,
verweilten noch draußen ganz nah bei der Hecke.
Sie sahen sie plötzlich am Boden dort liegen,
der Krieg fuhr für jene die andere Strecke.

Obwohl sie nun wirklich sehr reich sind an Jahren,
die Damen, sie haben noch lang nicht genug.
Für sie gibt es immer noch was zu erfahren;
und weiter rollt ständig mit ihnen der Zug.

ursprüngliche Fassung:

Zwei alte Damen, die speisen im Zug,
die Tages-Planung bereiten sie vor.
Sie haben vom Reisen wohl noch nicht genug,
beteuern das ständig und das im Chor.

Paris, Rom und Nizza und auch mal Madrid,
das sähen sie gerne, wie früher, noch mal.
Wir, die wir das hören, führn gerne da mit,
die schönsten Orte, so reichlich an Zahl.

Die Männer warn vorher schon ausgestiegen,
verweilten noch draußen, nah bei der Hecke.
Dann sahn sie sie plötzlich dort unten liegen,
der Krieg, der fuhr eine andere Strecke.

Obwohl sie nun wirklich sind reich an Jahren,
für die Damen, da ist es noch nicht genug.
Für sie gibt es immer was zu erfahren,
und weiter rollt beständig ihr Zug.

a.c.larin
31.10.2010, 07:40
hallo archimedes,

die grundidee deines gedichtes finde ich interessant.
beim lesen habe ich mich ein paarmal "verfahren ", wegen der vielen bestriche und gedankenkurven, die den lesefluss unterbrechen.
darf ich mal versuchen, die "strecke" etwas zu begradigen?


Es speisen zwei alten Damen im Zug,
die Tagesplanug bereiten sie vor.
Sie haben vom Reisen noch lang nicht genug,
beteuern sie ständig und sprechen im Chor:

Paris, Rom und Niizza, danach auch Madrid,
das wollten sie sehen, wie früher einmal.
Da führe der Zuhörer auch gerne mit[/I]
an die schönsten Plätze, in reicher Zahl!

[I]Die eigenen Männer, längst ausgestiegen
an fernen Orten, wo Blumen sie decken.
Man habe getrauert, weil sie da liegen -
der Krieg fuhr grausam ganz andre Strecken!

Die Frau'n wurden alt und reich an Jahren.
Was sie auch erlebten: Es ist nicht genug!
Für sie gibt es immer noch was zu erfahren-
und weiter und weiter rollt leise ihr Zug.....


da hab ich jetzt ziemlich dreingepfuscht :o aber vielleicht kannst du ja etwas davon brauchen.
ich denke, in der dritten strophe muss man sich wirklich die zeit nehmen, und dem schrecken, welchen der krieg hinterließ, genügend raum geben.

die dritte strophe ist nämlich der thematische kontrapunkt zur reiselust -und heiterkeit, die die anderen strophen vermitteln.
mitten in der leichtigkeit ist also auch ein bündel schweres mitzutragen.
so in szene gesetzt, wirkt weder die leichtigkeit oberflächlich, noch das schwere erdrückend.

tolle idee! gut beobachtet

liebe grüße, larin

Dana
31.10.2010, 20:31
Lieber Archi,

die Männer sind in anderen "Zügen" gereist. Sie wurden nicht gefragt, ob sie reisen wollten.

Deine Verdichtung wertet nicht. Sie betrachtet und lässt betrachten.

Heute können wieder viele nicht reisen, wohin sie möchten - trotzdem, Gott sei Dank nicht aus damaligen Gründen.
Diesen Damen gegenüber ist man nach dem Lesen jedoch wohl gesonnen. Sie sollen, wenn sie können.

Larins Vorschläge sind gut. Sie würden dein Gedicht runder machen und im Tenor bleiben.
Eine wörtliche Übernahme ist ja nicht zwingend, was sie auch selbst schon sagt.

Umkreise die besagten Strophen nochmals. ;)

Gern gelesen und einiges mitgenommen.

Liebe Grüße
Dana

Archimedes
31.10.2010, 22:39
Liebe Larin, liebe Dana, es hat mich schon überrascht, nach anderthalb Monaten noch Kommentare zu diesem Gedicht zu bekommen.
Eure Anregung, zu überarbeiten, habe ich aufgegriffen. Um den Lesefluss zu verbessern, habe ich das Versmaß -x--x--x--x(-) strickt durchgehalten, was auch dem Rattern des Zuges entspricht.

Larin, deine Vorschläge waren sehr hilfreich für manchen Feinschliff. Die dritte Strophe habe ich jedoch möglichst beibehalten, denn es war mir wichtig, dass erst bei dem Wort "Krieg" die Geschichte in die grausame, historische Vergangenheit umkippt, und so klar wird, dass es nicht pure Reiselust der Damen ist, sondern vergebliche Bewältigungsversuche sind. Das ist dieser Zug, der in der vierten Strophe beständig für sie fährt.

Aber, das habt ihr ja längst erkannt. Die Geschichte ist fiktiv und nach einer 5-stündigen Bahnfahrt entstanden. Ich danke euch für die rege Anteilnahme am Stoff und am Werk.
Liebe Grüße Archimedes ... der mit den erfahrenen Kreisen

a.c.larin
01.11.2010, 09:26
hallo archimedes,

also - auch wenn du die geschichte erfunden hast: mir erschien sie hautnah real! ich meinte fast, diese damen zu kennen, so deutlich standen sie vor meinem inneren auge.
auch die idee, durch reisen, verlorenes wiederzugewinnen oder wenigstens im geiste präsent zu halten, fand ich gelungen.

warum erst jetzt eine antwort kam?
im september hatte ich wenig zeit, jetzt im augenblcik etwas mehr.
da ging ich halt mal "graben".

die stelle
Die wir das hier hören, liest sich für mich immer noch verworren -

aber ich überlasse es natürlich dir, ob du da noch mal drübergehn willst....;)

lg, larin

Archimedes
01.11.2010, 17:17
Liebe Larin, du hast mir höchstes Lob bereitet, da es mir gelungen ist, bei dir Bilder und Empfindungen zu erzeugen. Danke für die Anmerkungen. Ich habe noch mal in drei Zeilen verändert.

Lieben Gruß Archimedes ... der mit den sich bessernden Kreisen