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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Nebenan


Onkie IIV
08.02.2010, 15:52
Nebenan

Jetzt brüllt beständig eine Autobahn
Jetzt thronen irgendwo zwei Werbebrüste
Wo ich vor langer Zeit mein Mädchen küsste
Und in den Himmel sticht ein roter Kran.

Und bald ein zweiter, groß und filigran,
Als wenn so mancher in den Himmel müsste.
Und immer weiter wachsen die Gerüste
Bis alles steht nach Gottes großem Plan.

Und ich steh einsam hinter Fensterscheiben.
Da fährt ein LKW mit grauem Sand
Und Kräne drehen sich, wo Menschen bleiben.

Und Zeiger drehen sich, weil jemand fand
Er müsse sie nun wieder weitertreiben.
Und traurig blicke ich auf eine Wand.




Verbessert mich :)

a.c.larin
08.02.2010, 16:13
hallo onkie IIV,

hier gibts aus meiner sicht nix mehr zu verbessern :
traurig, aber wahr: wenn man von baustellen, verkehrswegen und plakatwänden umzingelt ist!

So mancher baut aufs freie Feld,
doch sind vergangen erst zehn Jahr,
dann ist er ringsherum umstellt
und nichts ist mehr, wies einmal war!

du hast die tatsache formal und inhaltlich sehr gelungen dargestellt,
mein kompliment!

larin

Dana
08.02.2010, 16:43
Hallo Onki IIV,

ich bin nicht die Sonettfachfrau - also werde ich mich hüten, am Formalen zu kritteln. Das steht mir nicht zu.

Jedoch die Melancholie, die du aus Kränen, Blöcken, lärmender Autobahn und LKW's zu zaubern verstanden hast, ist total.
Die tristen und zerstörenden Bilder stellen sich beim Lesen sofort ein.
Seltsam, die Bilder sind ohne Bäume, ohne Blumen und Menschen stellt man sich nur hinter den Fenstern vor.

Sehr gelungen.

Liebe Grüße
Dana

Onkie IIV
08.02.2010, 21:28
hallo ihr beiden :),

vielen dank für eure netten kommentare.

@ a.c.larin:
freut mich, dass du meine ansichten teilst.
so hoffen wir, dass wir im alter
noch blumen haben und den wald.
und auch die vögel und die falter
nicht sterben auf dem stadtasphalt.

@ dana:
ein sehr gelungen gibt es nicht jeden tag (:
freut mich, dass du ein wenig in die stimmung eintauchen konntest.
tut mir fast leid, dass es nichts fröhliches ist.;)

lg an euch,
onkie

Quicksilver
09.02.2010, 07:24
Hallo Onkie,

rein sprachlich und inhaltlich lese ich einen Widerspruch zum Klanggedicht heraus. Die vielen "Unds" stören mich in einem Sonett gewaltig, jedoch passt dies recht gut zur Baustelle ;)

Metrisch geben ich die Wörter "Autobahn" und "filigran" zu denken. Ich persönlich würde sie daktylisch betonen. Sie lassen sich zwar zum Jambus hinbiegen, aber ob das ohne Weiteres konform ist, kann ich nicht beurteilen. Mein Gefühl lässt mich hier eher unnatürlich betonen.

Davon abgesehen, dass dies Gedicht in Sonett-Form verfasst ist, gefällt es mir sehr gut.

Grüße
von
Quicksilver

Onkie IIV
10.02.2010, 14:48
Huhu Quicksilver,

hab vielen Dank für deine Rückmeldung. Mit deinem Einwand, dass
es keinem gewöhnlichem Klanggedicht entspricht, hast du absolut
recht. Dafür ist der Klang weitaus zu schroff und uneinfühlsam ;)
und auch der Fluss beispielsweise bei "Und immer weiter wachsen die
Gerüste" zu schnell. Gleichwohl hat es für mich einen Reiz gehabt
genau in dieser Art die Sonettform zu benutzen.
Vielleicht wird es nächstes mal wieder anders sein. Und über die Unds
muss ich noch einmal nachdenken, sie heben das Tempo zwar ziemlich,
aber es sind wirklich viele. ;) Wenn jemand Vorschläge hat, dann
her damit. Die beiden Wörter, die du nanntest, daktylisch zu betonen,
schaffe ich übrigens fast nicht. Also ich denke, dass man es regelkonform
betonen kann, jedoch die Betonungen nicht so "klar" sind. Also
dass nach einer stärkeren Betonung nicht immer eine weitaus schwächere
kommt. Ist ja alles relativ ;)
(Ich lasse mich da aber gerne belehren.)

lg
onkie