PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Erreicht


Leier
03.12.2009, 09:59
In meinem Herzen bebt Gedinge,
davon zu fühlen ich nicht mehr geglaubt.
Ich wähnte mich so unberaubt
und hänge dennoch wieder in der Schlinge.

Erinnern kommt wie weiße Wellen.
Der Strand ist leer, ist unbehaust.
Wenn auch der Sturmwind dunkel braust:
Was wird den nächsten Tag erhellen?

Scheint heut die Sonne? Scheint der Mond?
Die trüben Augen wollen nicht mehr schauen.
Abgetragnes ist nicht aufzubauen.
Schultern ... ob sich das noch lohnt?

Zu schwer sind jetzt die Ziegelsteine.
Die Karre zieht sich nicht mehr leicht.
Ich geh zurück in mich. Ich weine
nicht, denn ich hab mich erreicht.




03.12.2009

Quicksilver
03.12.2009, 11:02
Hallo Cyparis,

wieder mal ein sehr lesenswertes Gedicht von dir über den Umgang mit sich selbst in der Abenddämmerung des Seins.

Die Stimmung transportierst du hier sehr gut zum Leser, der das lyr. Ich am liebsten tröstend in den Arm nehmen möchte, wohl wissend, dass das Trösten unnötig ist, da es sich bereits selbst gefunden hat.

Besonders gelungen finde ich die Verse:

Erinnern kommt wie weiße Wellen.
Der Strand ist leer, ist unbehaust.---hier vielleicht dennoch ein "und" anstatt "ist" unbehaust?!

Ich geh zurück in mich. Ich weine
nicht, denn ich hab mich erreicht.
Wunderschönes Enjambement und wundervolle Aussage.

Lieben Gruß
von
Quicksilver

Erich Kykal
03.12.2009, 12:30
In meinem weiten Herzen bebt Gedinge,
davon zu fühlen ich nicht mehr geglaubt.
Ich wähnte mich so scheinbar unberaubt
und hänge dennoch wieder in der Schlinge.

Erinnern kommt entlang wie weiße Wellen.
Der blasse Strand ist leer, ist unbehaust.
Wenn endlos Sturmwind unerbittlich braust:
Was wird den nächsten Tag erhellen?

Scheint heut die Sonne? Scheint der Mond?
Die trüben Augen wollen nicht mehr schauen.
So Abgetragenes ist nicht mehr aufzubauen.
Mich schultern ... ob sich das noch lohnt?

Zu schwer sind jetzt die alten Ziegelsteine.
Die greise Karre zieht sich nicht mehr leicht.
Ich geh zurück in mich. Nicht, dass ich weine,
denn letzten Endes hab ich mich erreicht.



Hi, leier!

Sehr schönes, philosophisch fragenden, fast wehmütiges Gedicht voller Tiefe und unterschwelligem Weh. Dennoch - ein ermutigender Ausklang, gereift und Hoffnung weckend. Sehr gelungen...
...bis auf deine leidigen Metrikmacken, die den Genuß (zumindest aus meiner Sicht) leider etwas schmälern. Daher war ich wieder frech und habe dein Zitat bearbeitet. Ich hoffe, es konveniert.

Ausgesprochen gern gelesen! Da hast du einen "begnadeten" Moment erwischt...

LG, eKy

Leier
03.12.2009, 15:33
Lieber Quicksilver,

Du tust mir so wohl mit Deinem Kommentar.
Das etwas schroffe Komma statt und laß ich vorerst mal so stehen.
Ich bin ja lediglich "Stimmungsdichter", da ist die Feinschleiferei für mich nicht möglich.
Ich wurde mal sehr verhöhnt, als ich schrieb, daß "es" in mir dichtet - aber es ist so.
Leider kann ich mir keine Gedichte ausdenken, die vor strengen Augen Bestand hätten.
Ein umso milderes Pflaster kommt von Dir!




Lieber Erich Kykal,

ich weiß, daß Du mir nicht grollst, wenn ich Dir antworte:

Nein. Das wird mir zu rund,zu lieblich, zu süffig.
So war mir beim Dichten nicht zumute.
Aber Deine rundere Fassung ist ja zum Glück für Jeden lesbar.


Habt Dank!
Lieben Gruß an Euch

von

cyparis-Leier etc....