PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Vorbei die Zeit...


Herbstblatt
03.08.2009, 19:29
Vorbei die Zeit…

Ach Kind, ich glaub, ich kenn dich nicht,
fühl mich in deiner Nähe fremd,
vertraut ist mir zwar dein Gesicht,
doch meine Worte sind gehemmt.

Wir sprechen scheinbar andre Sprachen,
die sich vom Mund zum Ohr verdrehn,
so dass schon manchmal Dämme brachen,
wenn wir uns schlichtweg nicht verstehn.

Dein Weg ist nicht der meine.
Dein Mut lässt mich bisweilen bangen.
Doch hast du selbst zwei Beine.
Vorbei die Zeit dich aufzufangen.

Leier
03.08.2009, 19:59
Hallo!
Herbstblatt, wie schön, Dich hier endlich wiederzusehn!

Dein Gedicht ist wunderschön "abnabelig", wenn ich das so schreiben darf.
Zwei Anregungen hätte ich - mit Verlaub:



Ach Kind, ich Glaub, ich kenn dich nicht, (Glaub = glaub, oder war die Großschreibung beabsichtigt? Evtl. der Bestärkung wegen..)
fühl mich in deiner Nähe fremd,
vertraut ist mir zwar dein Gesicht,
doch meine Worte sind gehemmt.

Wir sprechen scheinbar andre Sprachen, (sprechen wir wirklich andre Sprachen..)
die sich vom Mund zum Ohr verdrehn,
so dass schon manchmal Dämme brachen,
wenn wir uns schlichtweg nicht verstehn. (Nach meiner "facon" dann Fragezeichen)[/I

Dein Weg ist nicht der meine.
Dein Mut lässt mich bisweilen bangen.
Doch hast du selbst zwei Beine, ([I]Punkt statt Komma?)
vorbei die Zeit dich aufzufangen. (nach "Zeit" Komma ?)


Hoffentlich erscheine ich Dir jetzt nicht als Erbsenzählerin! Ich kann ja auchhoffnungsvoll danebenliegen.

Wohl dem, der solche Gedichte schreiben kann!


Lieben Gruß
von
cyparis

Herbstblatt
04.08.2009, 08:42
liebe Cyparis,
schön, so freudig begrüßt zu werden. Ich habe lange geschwiegen, weil mir nur dann das Schreiben gut von der Hand geht, wenn ich glaube auch etwas zu sagen zu haben.
Auch bei "wohlgeratenen Kindern" gestaltet sich der Abnabelungsprozess mitunter schmerzlich und erfordert eine Menge Akzeptanz und Umdenken. Manchmal habe ich wirklich den Eindruck wir sprechen unterschiedliche Sprachen, weil gut gemeinte Worte zu Missverständnissen führen und Verletzungen hinterlassen, obwohl man gerade das auf keinen Fall wollte. Aber es sind nur scheinbar andre Sprachen, wenn man auf die Zwischentöne achtet, sollte man doch eigentlich hören, was gemeint war.
Da mir häufig Flüchtigkeitsfehler unterlaufen, bin ich dankbar, wenn sie ein "Erbsenzähler" meiner fehlerhaften Werke annimmt.

liebe Grüße vom Herbstblatt.

Galapapa
04.08.2009, 10:51
Hallo Herbstblatt,
Dein Gedicht hat mir sehr gefallen. Auch der Wechsel der Form in der letzten Strophe ist meines Erachtens sehr passend und unterstreicht zusätzlich die hier vollzogene Trennung, das Abnabeln, wie cyparis es treffend beuzeichnet hat.
In den Zeilen schwingt etwas Enttäuschung und Verärgerung mit. Respekt und Anerkennung entsprechen in dieser Phase nicht den Vorstellungen der Eltern.
Was Wunder, denn es s i n d zwei Welten, die Zeit verändert Vieles, und die Jungen wollen endlich ausprobieren, was sie meinen zu beherrschen, das "Selberkönnen".
Ich kann Dein Gedicht sehr gut nachvollziehen, es ging mir natürlich genauso. Ich hab mich in Stunden der Frustration immer damit geholfen, dass ich mich an meine eigene Jugend erinnerte und nicht ganz ohne Schmunzeln erkannte, dass ich genauso war und nun endlich erkannte, was ich getan hatte. Nach dem Motto "siehste, geschieht dir Recht".
Was man bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht erreicht hat, wird man auch nicht mehr schaffen. Also läßt man den Dingen ihren Lauf und erwirbt sich mit Besonnenheit und "Coolness" den Respekt und die Anerkennung zurück.
Mit herzlichem Gruß!
Galapapa

Chavali
04.08.2009, 10:58
Liebe Herbstblatt,

die von dir bedichtete Situation - wer kennt die nicht als Mutter.
Dann fragt man sich auch manchmal, wo die Zeit geblieben ist, die Zeit, in der wir noch eine gemeinsame Sprache hatten.
Ich finde, dir ist gut gelungen, diesen Konflikt darzustellen.

Wie cypi denke ich auch, dass in Zeile 4 der letzten S hinter Zeit ein Komma stehen sollte.


Gern gelesen und gut gefallen :)

Lieben Gruß,
Chavali

Medusa
04.08.2009, 20:18
Ach ja, liebes Herbstblatt,

es ist zum Heulen: Wollen oder können wir nicht? Es gibt Zeiten, da geht gar nichts mehr, da hilft weder Schmeicheln noch Wüten.

Du hast das wunderbar auf den Punkt gebracht. Prima zu lesen!

Nicht wirklich gern aber mit vielen Aha-Erlebnissen gelesen.

Kopfnickende Grüße,
Medusa.

Klatschmohn
04.08.2009, 21:51
Hallo liebes Herbstblatt,
ich kann den Inhalt Deines Gedichtes sehr gut nachvollziehen, deshalb hat er mich auch so angesprochen. Leider kann man seinen erwachsenen Nachwuchs nicht mehr vor Schaden bewahren, oder ihnen ihre Erfahrungen abnehmen. Ebenso leider muss es so sein, dass auch sie ihre Fehler alle selber machen müssen und es ist ganz bestimmt nicht leicht das mitanzusehen.
Aber so geht es vermutlich von Generation zu Generation immer weiter.
Schließlich reift man auch durch Fehler die man gemacht hat.
Wir haben ihnen alle das mitgegeben, was wir wir geben konnten.
Also, lassen wir sie reifen (auch wenn man manchmal gerne die Zügel wieder in die Hand nehmen würde:rolleyes:), in eine ganz andere Zukunft hinein, die uns verschlossen bleibt.

Liebe Grüße,
Klatschmohn