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Erich Kykal
16.09.2017, 07:58
Der alte Mann lebt seltsam fortgenommen
aus aller Welt, von innen abgeschieden,
das Leben meidend und von ihm gemieden,
als hätten sie einander nie vernommen.

Er wirkt verloren, irgendwie verschwommen,
als wäre vage, was von ihm hienieden
im Sein verblieb - als hätte er entschieden,
verreist zu sein und nicht mehr angekommen.

Der alte Mann verrührt in seiner Tasse
Erinnerungen langsam mit Kaffee
und blickt hinaus in seine schmale Gasse.

Die Tage sind gezählt, und ihren Stunden
tun alte Schulden nicht mehr gar so weh.
Sein Frieden wirkt, als wäre er gefunden ...

Chavali
16.09.2017, 13:48
Lieber Erich,

das sind so Fälle, die einem das Herz stocken lassen, weil man immer damit damit rechnen muss,
selbst einmal so gesehen zu werden von der Umwelt....

Sehr berührend und auf den Punkt gebracht beschrieben.
Menschen, die nichts mehr vom Leben erwarten und auch nicht erwarten können durch Krankheit -
so mögen sie ihre letzte Zeit verbringen.

Du hast das sehr gut beobachtet und in einfühlsame Worte gefasst.
Von daher gern glesen!

Lieben Gruß,
Chavali

Erich Kykal
16.09.2017, 15:51
Hi Chavi!

Da muss nicht mal unbedingt eine Krankheit dahinter stehen! Manche verbringen ihr halbes Restleben so: Jahr um Jahr des "Nichtsmehrgeschehenlassens", eingesponnen in liebe Gewohnheiten und sinnlos gewordene Rituale.

Vielen Dank für deine Gedanken und deine Freude am Lesen meiner Lyrik! :)

LG, eKy

Kokochanel
17.09.2017, 08:53
wieder einmal ein berührendes Werk, was Melancholie, Einsamkeit und doch einen versöhnlichen Denkansatz führt.
Die alten Menschen, das habe ich schon oft gedacht, werden nur noch gegenwärtlich wahrgenommen. Wenn man jemanden kennenlernt, der nicht alt ist, kommt schnell die Frage: "Was machst du, arbeitest du , ect." Bei Alten stellt kaum einer diese Frage, so wie du schreibst:
"das Leben meidend und von ihm gemieden,
als hätten sie einander nie vernommen."
als habe er gar kein Leben vor dem Alter gehabt.
Obwohl gerade dieses Leben ihn doch ausmacht.:Blume:
Mich interessiert das immer, aber ich stelle fest, jetzt, wo ich bald 60 bin, dass mich auch keiner mehr danach fragt. Seltsam ist das, als wäre es ein Cut.:confused:

Allerdings erwachsen daraus auch Möglichkeiten, sich selbst und den inneren Frieden zu finden ohne jede Verpflichtung.:) oder sich noch an anderen "messen zu müssen".

Gerne drüber nachgedacht und mitphilosophiert mit lG von Koko

Erich Kykal
17.09.2017, 09:13
Hi Koko!

Früher war die Weisheit des Alters gefragt, weil die Welt jahrtausendelang dieselbe geblieben war - der Erfahrungsschatz der Alten war wertvoll!

Heute ändert sich die rasch fortschreitende Welt so rasch innerhalb weniger Jahrzehnte, dass viele der Lebenserfahrungen der Alten sich nicht mehr auf die neuen Verhältnisse anwenden lassen. Wozu ihnen also noch zuhören, wozu ihren Worten noch Bedeutung zumessen?

Ihre Leben fanden quasi in einer anderen Welt statt!

LG, eKy