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Thomas
27.05.2015, 09:42
Dante, du gebender Dichter

Da die gebildete Weltsprache
zu arm war für den Reichtum
der Bilder deiner Seele,
schufst du eine neue Sprache,
voller Süßigkeit und Kraft,
dein flammendes Herz zu offenbaren.

Die höfischen Figuren der Minnesänger
zerschmolzen in deinem brennenden Herzen
und wurden von dir gegossen
zur Gestalt wahrhaftiger Liebe,
göttlicher Liebe.

O, wenn doch dein Licht mich durchdränge,
wenn ich der Laser sein könnte,
der deine Helle so kohärent fokussierte,
dass ich mit einem Strahl deiner Liebe
die Sonne und jede Feuerwand durchbohrte.

Wie schmerzlich ist die Distanz der Zeit,
mehr noch, die Distanz meiner Kleinmut
zu deiner demütigen Größe.
Tröstlicher Schmerz!
Lässt er mich doch,
zur tiefsten Stelle des Meeres weisend,
nicht in schalem Gewässer verdursten.

Erich Kykal
27.05.2015, 15:39
Hi, Thomas!

Hier wage ich kein Gesamturteil, da das Reimlose nicht mein Metier ist, aber dieses zumindest will ich gesagt haben:

Wenn Lyrik dadurch lebt, dass sie Emotionen transportiert und transzendentiert, dann sind mit die Fachtermini eingangs von S3 einfach zu technisch: "Laser, kohärent fokussieren" - da fühle ich mich wie in einer Bedienungsanleitung für Fabriksgerät oder einen BluRay-Player - oder in einer Vorlesung aus Naturwissenschaften oder Physik. Zudem denkt man bei Lasern an scharfe Hitze, grelles Licht, an Schneiden oder Schmelzen - keine Bilder, an die ich im gewünschten Zusammenhang denken möchte.
Mit der Emotion für Dante und sein Werk, die die Zeilen vermitteln sollen, beißt sich das für mich doch sehr!

Ansonsten (aus persönlichen Gründen bemessen) gern gelesen!

LG, eKy

Thomas
28.05.2015, 13:20
Lieber Erich,

mir war klar, dass dir das nicht besonders gefallen würde. Versuche es einmal so zu sehen, Orpheus kommte durch seine Kunst "Steine erweichen", und ein Laser funktioniert, indem er vom Licht aus einer anderer Quellen angeregt, diese Energie in gebündelter Form weiteregeben kann. Ich halte das Bild für sehr treffend, auch wenn es auf moderner Technik beruht. Vielleicht wird es irgendwann auch so selbstverständlich, wie "steinerweichend".

Liebe Grüße
Thomas

Erich Kykal
28.05.2015, 20:36
Hi, Thomas!

Glaub ich nicht! Man sagt bis heute zB "Amors Pfeile trafen sie!" - und nicht: "Amors Maschinengewehr mähte sie nieder!"
Ich denke auch nicht, dass man in hundert Jahren "Amors Laser schmolz ihr Herz!" sagen wird!;)

Lyrik funktioniert nach eigenen, nicht immer logischen Gesetzen - und gewisse technologische Begriffe killen die Stimmung nunmal ebenso zielsicher wie weiße Tennissocken die Lust beim Sex!:D

Solche Begriffe passen (für mich) einfach nicht zu einem Loblied auf Dante - da sollte man bei Ausdrücken und Bildern aus der Zeit des Betreffenden bleiben!

LG, eKy

Thomas
29.05.2015, 10:40
Lieber Erich,

ich habe ja auch nur "vielleicht" gesagt, aber ganz ausschließen kann man es auch nicht. Dein Pfeile-Beispiel ist eigentlich ein Argument dafür, dass technologische Begriffe zu poetischen Bildern werden können. Denn ein Pfeil war zu der Zeit, als "Amors Pfeil" in die Poesie einzog, allgemein als schreckliche Waffe in Gebrauch. Da das poetische Bild nun mal existiert, lässt es sich natürlich nicht durch MG oder Laser ersetzten. Ein anderes (weniger kriegerisches) Beispiel ist die "tabula rasa". Die Wachstafel war damals eine neue Technologie, welche als Bild für den menschlichen Geist genommen wurde, genau wie heute der Computer.

Ich bin bezüglich der eigenen Gesetze der Lyrik deiner Meinung, habe jedoch das Gefühl, dass ich noch sehr weit davon entfernt bin, diese zu erkennen.

Liebe Grüße
Thomas