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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Herbstelegie (neu aufpoliert)


Friedhelm Götz
28.10.2014, 09:15
Die letzten Blätter flattern von den Bäumen,
der Herbstwind bläst sie wirbelnd hin und her.
Ich schau voll Wehmut zu und komm ins Träumen.
Wenn ich jetzt solch ein buntes Blättchen wär?

Ich wüsste nichts vom großen Weltgetriebe,
von all dem nichts, was Menschen wichtig scheint,
verspürte nie das tiefe Glück der Liebe,
wär andrerseits auch keinem spinnefeind.

Ich würde mich im Lenz als Blatt entfalten,
in schlichtem Grün und hoffnungsvollem Ton,
mich gar nicht für besonders wichtig halten
und forderte nicht den geringsten Lohn.

Ich wär ein Teil von jenem großen Ganzen,
aus dem der Baum die Lebenskraft bezieht
und wurzelte im Sein wie alle Pflanzen,
ein Blatt, aus dem im Herbst das Leben flieht.

Nun schwebte ich, vom Herbstwind fortgetragen,
mit andern bunten Blättchen durch die Welt
und sähe mich an einen Ort verschlagen,
wo welkes Laub zu Erdenstaub zerfällt.

So lebte ich im ewgen Stirb und Werde,
ein Kreislauf, der sich öffnet und sich schließt.
Ich würde Blatt und würde wieder Erde,
aus der im Lenz das neue Leben sprießt.

Chavali
02.11.2014, 16:20
Lieber Frido,

wie man sieht, kannst du nicht nur Geschütteltes, sondern auch ganz wunderschöne Naturgedichte
mit nachdenklichem Touch.

Auch von diesem Gedicht bin ich angetan!
Sehr sehr schön in Sprache und Inhalt!


Begeisterte Grüße :)
Chavali

Erich Kykal
03.11.2014, 11:52
Hi, Fridolin!

Ein wunderbarer Text, leichtbeschwingt und doch hintergründig nachdenklich, ja philosophisch, dabei in der sprachlichen Anmutung lyrisch und fließend, was sehr harmonisch mit dem transportierten Inhalt korreliert!
Erinnert mich vom Stil her an Liedtexte von Reinhard Mey - im positivsten Sinne!

Sehr gern gelesen!:)

LG, eKy