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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Das Resonanzprinzip


Dana
08.12.2012, 22:09
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Und manchmal denk ich, es sei alles, was mir widerfährt,
in einem unsichtbaren Buch vorab an mich geschrieben.
Wie ein Naturgesetz, das in Balancen sich erklärt;
das Abgelehnte holte ein und zwang mich zu durchleben,

damit sich darin aus schon längst vergangner Dunkelheit
ein Sinn für mich ergibt zum Schlüsseziehen und Erkennen,
dass es notwendig war und ich befreit von Bitterkeit
verzeihen kann, um mich vertrauensvoll im Neubeginnen

den Dingen immer stellen kann, egal was dann geschieht.
In jeder Ausweglosigkeit hält sich ein Licht verborgen,
das nicht erhellen soll, in seinem Kegel jedoch blüht
schon zaghaft eine Hoffnung an für einen neuen Morgen.

Wie oft schon hat ein Unglück Perspektiven mir zerstört,
mir aufgezeigt, ich müsste leiden nur und überdauern.
Nach Jahren erst hat das Geschehene sich umgekehrt,
mit ihm die Fähigkeit, Vergangenes nicht zu betrauern.

Im Gegenteil, so manches Unheil hat viel mehr bedingt:
Ich ging durch Räume, die mir neue Welten offenbarten,
nicht selten war ein neues Glück, nur scheinbar aufgedrängt,
auch mein Gewinn - ein Spiel hat zweiunddreißig Karten.
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Chavali
09.12.2012, 15:23
Liebe Dana,

was für ein tolles Gedicht!
Du hast das Buch - dein Buch - des Lebens phantastisch beschrieben - aber auch nicht ganz leicht verständlich.
Du zwingst den Leser zum Nachdenken, zum Nachvollziehen, und das macht den Wert dieses Gedichtes aus.

Für mich auch passt das so gut, dass ich es mir ausdrucke (darf ich doch?)
und an die Wand über den Schreibtisch pinne.
Das Fazit:Im Gegenteil, so manches Unheil hat viel mehr bedingt:
Ich ging durch Räume, die mir neue Welten offenbarten,
nicht selten war ein neues Glück, nur scheinbar aufgedrängt,
auch mein Gewinn - ein Spiel hat zweiunddreißig Karten.ist dir besonders gut gelungen.

Ich kann nicht anders - ich muss mich bedanken.
Wie sich die Wege gleichen....


Lieben Gruß,
Chavali

Thomas
11.12.2012, 18:50
Hallo Dana,

dieses Gedicht gefällt mir sehr gut. Die langen Zeilen und Phrasen lassen den gedanklichen Inhalt hervortreten, man liest fast Prosa, aber nur fast! Die Idee, die du ausdrückst ist sehr schön und wahr, wie ich glaube. Man könnte ja einfach sagen, alles ist nur Zufall, was wir uns nicht logisch erklären können, nennen wir halt Schicksal - Punkt. Doch diese Sichtweise erklärt nicht die Erfahrung, die du in deinem Gedicht ansprichst, dass uns nämlich oft ein Unheil neue Welten eröffnet, wie eine Pforte, durch die wir (wie mit naturgesetzmäßiger Notwendigkeit) hindurchgehen gehen müssen. Dass ist mit Zufall nicht zu erklären. Dass du Naturgesetze als Ausdruck einer Balance siehst, vertieft diesen Gedanken treffend. Am schönsten finde ich dein Bild des in der Dunkelheit und jeder Ausweglosigkeit verborgenen Lichtes, welches nicht direkt erhellt, sondern einen Kegel wirft, aus dem Neues fruchtbar wird.

Liebe Grüße
Thomas

P.S.: Warum sagst du nicht "blüht eine Hoffnung auf" sondern für mich etwas ungewöhnlich "blüht eine Hoffnung an"?

Dana
15.12.2012, 19:26
Liebe Chavali,

sei ganz doll bedankt für deinen Kommentar, der mir wahrlich sehr schmeichelt aber auch zeigt, dass du sehr gut verstanden hast. :)
An deine Wand gepinnt fühle ich mich ausgezeichnet. ;)

Ich danke dir,
liebe Grüße
Dana

Lieber Thomas,

habe mich sehr über deine Gedanken und dein Lob gefreut.
Ich beschäftige mich schon sehr lange mit dem "Resonanzprinzip". Beim genauen Betrachten entfernt man sich immer mehr vom "Zufall" aber auch vom Gebet, dass nachträglich erhört worden ist. ;)
Natürlich kann man noch darüber diskutieren, ob es sich um "reine Selbsthilfe" handelt. Man erfährt beim Betreten neuer Räume nie mehr, was in den alten geschehen wäre.:confused:
Trotzdem ist diese Betrachtung im großen Maße "hilfreich, gut und spannend".

Die Hoffnung habe ich absichtlich "an" und nicht aufblühen lassen. Aufgeblüht ist sie sichtbar und zum Greifen nah - angeblüht muss sie erst erkannt werden, um dem Resonanzprinzip folgen zu können.

Liebe Grüße
Dana

Erich Kykal
15.12.2012, 19:37
Hi, Dana!

Kein Komma am Ende von S2Z1.

Ansonsten sehr gern gelesen! Formidabel gedichtet!

LG, eKy

Dana
19.12.2012, 18:41
Lieber eKy,

das Komma habe ich sofort entfernt - das Lob immer wieder gelesen.;)

Liebe Grüße
Dana

Erich Kykal
19.12.2012, 21:28
Ich denk, ich hab noch was gefunden:

S2Z2: "...zum Schlüsseziehen und Erkennen, (oder: zum Schlüsse Ziehen?)" Müssen diese beiden Worte, hier hauptwörtlich gebraucht, nicht groß geschrieben sein?

Befrage ein Rechtschreibprogramm oder einen berufenen Fachmann.

LG, eKy

Thomas
20.12.2012, 15:24
Hallo Dana,

ich muss gestehen, dass ich das Wort "anblühen" gar nicht kannte. Im Internet habe ich jetzt gefunden, dass es tatsächlich in der von dir erklärten Weise gebräuchlich ist und sogar Klopstock es schon in diesem Sinn verwendet hat ("Mein Wissen... ist mir... ein Frühlingssäuseln am Baum, der anblüht."). Wie gut dass ich nur gefragt (und nicht gleich gemault) habe!

Liebe Grüße
Thomas

Falderwald
22.12.2012, 19:48
Liebe Dana,

ich muss Erichs zweitem Einwand zustimmen.
Allerdings würde ich "Schlüsseziehen" in einem Wort vorziehen. Das wäre dann ein zusammengesetztes Substantiv und das ist im Deutschen meist möglich.
Eine Regel kann ich allerdings zum speziellen Fall nicht benennen.

Das Gedicht ist beeindruckend in Ausdruck und Ausführung, die Bilder sind gut nachvollziehbar, wenn ich auch einwenden möchte, daß ich im vorliegenden Geschehen keine unbedingte Allgemeingültigkeit erkennen kann.
Deshalb ist es gut, daß der Text aus der Ich-Perspektive des Protagonisten erzählt wird.

Und manchmal denk ich, es sei alles, was mir widerfährt,
in einem unsichtbaren Buch vorab an mich geschrieben.

Das scheint manchmal wirklich so.
Jedoch gibt es unzählige Ereignisse, die den Lebensverlauf beeinflussen können. Und manche davon liegen nicht im eigenen Einflussbereich, so daß man es kaum vorher bestimmen kann.
Es heißt zwar immer, es wird so kommen, wie es kommen muss, aber wenn alles schon vorherbestimmt wäre, fehlte uns jede Selbstbestimmtheit und wir wären für unsere Handlungen nicht verantwortlich zu machen.
Manche Dinge aber kannst du selbst entscheiden und du hast immer die Wahl.
Und so geht es jedem Individuum, was auch indirekt dein Schicksal mitbestimmt.

Wie ein Naturgesetz, das in Balancen sich erklärt;

Ein Naturgesetz enthält Gesetzmäßigkeiten und damit quasi eine Balance zwischen den Relationen.
Im Leben aber kommen noch die unberechenbare Gefühle hinzu.

das Abgelehnte holte ein und zwang mich zu durchleben,

damit sich darin aus schon längst vergangner Dunkelheit
ein Sinn für mich ergibt zum Schlüsse ziehen und erkennen,
dass es notwendig war und ich befreit von Bitterkeit
verzeihen kann, um mich vertrauensvoll im Neubeginnen

den Dingen immer stellen kann, egal was dann geschieht.

Das kann passieren, muss aber nicht zwangsläufig.
Wer allerdings bereit ist, sich mit der eigenen Vergangenheit auseinander zu setzen, der wird sich eventuell nicht überwundenen Traumata stellen und versuchen, seinen Frieden mit diesen zu schließen, vor allen Dingen, wenn ein Neubeginn bevorsteht.
Und der kann nur unbelastet geschehen, wer seine Lehren aus der Vergangenheit gezogen hat.

In jeder Ausweglosigkeit hält sich ein Licht verborgen,
das nicht erhellen soll, in seinem Kegel jedoch blüht
schon zaghaft eine Hoffnung an für einen neuen Morgen.

Ja, es gibt immer ein Licht am Ende des Tunnels, solange die Hoffnung lebt. Cicero hat ja nicht umsonst gesagt: "dum spiro spero".

Wie oft schon hat ein Unglück Perspektiven mir zerstört,
mir aufgezeigt, ich müsste leiden nur und überdauern.

Aus fast jedem Unglück entstehen Leiden irgendwelcher Art und manchmal kommen diese einem unendlich vor, weil sie kein Ende nehmen wollen.
Da heißt es dann manchmal, die Zähne zusammenbeißen und durch.

Nach Jahren erst hat das Geschehene sich umgekehrt,
mit ihm die Fähigkeit, Vergangenes nicht zu betrauern.

Tja, und dann ist es überstanden, auch wenn die Qualen manchmal Jahre andauern, aber wenn sie dann endlich ein Ende gefunden haben, können sich die Verhältnisse umkehren. Aber ihr Ende ist die Voraussetzung dafür.

Im Gegenteil, so manches Unheil hat viel mehr bedingt:
Ich ging durch Räume, die mir neue Welten offenbarten,
nicht selten war ein neues Glück, nur scheinbar aufgedrängt,
auch mein Gewinn - ein Spiel hat zweiunddreißig Karten.

Wer mit wachen Augen durch die Welt geht, lernt aus seinen Fehlern oder aus den Dingen, die einfach schief gelaufen sind und kann sich somit durch seine Erfahrungen durchaus neue Räume erschließen.
Selbst jene Räume, die nur für einen gewissen Zeitraum betreten werden, können einem helfen, ein Unglück, ein Leiden zu lindern.
Es kommt halt immer darauf an, welche Karte das Schicksal für einen bereit hält.
Und ein normales Kartenspiel hat nun mal 32 davon, jede davon mit einer anderen Bedeutungsschwere und einem eigenen Trumpfwert.

Und manchmal, ja manchmal bekommt man eben den Kreuz-Buben.
Man muss ihn nur erkennen und richtig ausspielen. .. .:)


Gerne gelesen und kommentiert...:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald

Dana
02.01.2013, 18:51
Lieber eKy, danke nochmals.:)

Lieber Thomas, auch dir nochmals danke für den Beleg und dann noch über Klopstock. (Klopstock und Dana ;):D)

Lieber Faldi,
dir herzlichen Dank für dein intensives Eingehen auf den Text.
Im Grunde ist mir schon bewusst, dass eigentlich nur geschieht, was geschieht und der Unterschied in der Betrachtung oder gar Deutung liegt.
Weil wir nach jedem "Unheil" immer wieder Positives erleben, liegt es schon nah, das "Unheil" als Voraussetzung dafür zu sehen.
Trotzdem gefällt mir die "Festlegung per Resonanzprinzip" so sehr, dass ich mich wohl nie ganz und gar der menschlichen Logik ergeben werde.
Mir ist danach an einem Funken fest zu halten, der vielleicht irgendwann auch die Logik etwas aus der Bahn wirft.;)
Mir hat aber dein Kommentar (besonders das Lob:o) vom Interesse und vom Standpunkt her sehr gefallen.

Liebe Grüße
Dana